Interview mit Prof. Dr. Michael Frass
Viele TumorpatientInnen haben den Wunsch nach begleitenden komplementärmedizinischen Maßnahmen. Wer als Patient der Medizinischen Universität Wien, Klinik für Innere Medizin I, (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. C. Zielinski) eine additive homöopathische Therapie in Anspruch nehmen möchte, kann das im Rahmen der Spezialambulanz „Homöopathie bei malignen Erkrankungen“ tun. Die homöopathische Ambulanz besteht seit vier Jahren und wird von Univ.-Prof. Dr. Michael Frass geleitet.
Welche Indikationen sprechen für eine homöopathische Zusatztherapie?
Frass: Alle PatientInnen unserer Klinik stehen in chemotherapeutischer, radiologischer und/oder chirurgischer Behandlung. Die additive homöopathische Behandlung wird verwendet, um eventuelle Neben wirkungen dieser Behandlungen (z.B. Capecitabine, Tamoxifen) etc. zu mildern.
Homöopathie wird außerdem eingesetzt, um vorhandene Blockaden zu lösen, die Konstitution des Patienten zu stärken, Zweiterkrankungen zu therapieren oder die Physiologie wiederherzustellen.
Ich möchte betonen, dass die homöopathische Behandlung bei uns immer additiv – also zusätzlich zur konventionellen Therapie – erfolgt. Besonders wichtig ist der Dialog zwischen konventioneller Medizin und Homöopathie. Eine Befragung in Deutschland hat interessanterweise gezeigt, dass die Zustimmung zu konventionellen medizinischen Maßnahmen bei komplementärmedizinisch interessierten PatientInnen höher ist als bei PatientInnen, die keine komplementärmedizinische Methode in Anspruch nehmen. Die konventionellen Therapien profitieren also auch von der Homöopathie!
Auf welchen Grundlagen basiert die Homöopathie?
Frass: Die Grundlage der Homöopathie ist das Ähnlichkeitsgesetz „Similia similibus curentur“ (Ähnliches muss durch Ähnliches geheilt werden). Dies bedeutet vereinfacht, wenn zum Beispiel ein gesunder Proband Belladonna einnimmt und Kopfschmerzen sowie weite Pupillen entwickelt, dass nun ein Kranker mit Kopfschmerzen und weiten Pupillen Belladonna erhält und so von seinen Beschwerden geheilt wird. Es werden pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen verwendet. Bei der Prüfung am Gesunden entstehen die so genannten Arzneimittelbilder. Da die Zahl der Symptome sehr groß ist, sind Repertorien entstanden, das sind Register, mit deren Hilfe die Arzneimittel leichter auffindbar sind.
Wie läuft die homöopathische Behandlung ab?
Frass: Die PatientInnen kommen mit Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen zum Homöopathen. Der Patient schildert seine Beschwerden, am besten simpel und einfach ohne Verwendung von Fremdwörtern und fertigen Diagnosen. Der Arzt schreibt alles auf, versucht wenig zu unterbrechen, nur hier und da gezielte Zusatzfragen zu stellen. Ähnlich wie in der konventionellen Medizin, beziehen sich die Fragen des Arztes auf Familienanamnese, Kinderkrankheiten und frühere Krankheiten. Weiters werden eine vegetative Anamnese sowie eine soziale, private und berufliche Anamnese erhoben. Wert wird auf zum Teil weniger wichtig erscheinende Details gelegt, wie z.B. Empfindlichkeiten gegenüber Temperatur, Wind, Feuchtigkeit, etc.. Nach Aufschreiben aller Symptome versucht der Arzt das passende Arzneimittel zu finden.
Welche Art von Medikamenten wird verordnet?
Frass: Die Einnahme erfolgt zumeist oral in Form von Globuli.